In den letzten Wochen und angesichts der zunehmenden Gefahr durch neue Virusvarianten wurden aus der Wissenschaft dringende Forderungen nach einem offenen Austausch von SARS-CoV-2-Sequenzierungsdaten laut. Ein solcher Austausch würde eine schnelle, repräsentative und gross angelegte Forschung zum Virus ermöglichen – doch oft fehlen die Infrastruktur und die entsprechenden Investitionen. Diese Forderungen wurden aufgegriffen, und die von der SIB mitgetragene Swiss Pathogen Surveillance Platform (SPSP) wird nun von den Bundesbehörden als Schweizer Data Hub für SARS-CoV-2 unterstützt. Ursprünglich entwickelt, um das Auftreten und die Ausbreitung von Krankheitserregern in der Schweiz zu verfolgen, hat sich die SPSP zu einer benutzerfreundlichen Plattform entwickelt, auf der Virusgenomsequenzen aus Schweizer Proben im Zusammenhang mit der Pandemie gesammelt und insbesondere an das European Nucleotide Archive (ENA), die Referenz für den offenen Austausch von Sequenzdaten,übermittelt werden .

Einbindung der Schweizer Open Data in globale Bemühungen mit einem Schweizer SARS-CoV-2 Data Hub

In Anerkennung des Wertes, den die SPSP (siehe Kasten) in diesem Zusammenhang für in der Schweiz generierte Daten hat, unterstützen die Schweizer Bundesbehörden über das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) deren spezifische Nutzung für den Austausch von Virussequenzen mit der internationalen Gemeinschaft. SPSP dient somit als Schweizer SARS-CoV-2-Data Hub: Jedes Forschungs- oder klinische Labor, das das Genom des Virus aus positiven Tests sequenziert, übermittelt die Daten anSPSP1, das die Daten annotiert und die Virussequenzen zusammen mit den zugehörigen nicht sensiblen Metadaten an ENA und GISAID weiterleitet, die beiden bislang wichtigsten Repositorien für Sequenzdaten zum Virus.

«Mit SPSP hat die Schweiz ihre wissenschaftliche Gemeinschaft an die internationalen Bemühungen zum offenen Datenaustausch angeschlossen, um die Forschung zum Virus und die Verfolgung seiner Entwicklung voranzutreiben», sagt Aitana Lebrand, Teamleiterin Data Science bei SIB und Co-PI von SPSP. In naher Zukunft könnte das Konsortium auch neue Varianten an das Bundesamt für Gesundheit melden und bekannt geben.

Über die Swiss Pathogen Surveillance Platform (SPSP)

SPSP ist eine kollaborative OneHealth-Überwachungsplattform, die Krankenhausepidemiologen, Experten für öffentliche Gesundheit und Mikrobiologen/Virologen in die Lage versetzt, Forschungsarbeiten durchzuführen, potenzielle Ausbrüche schnell zu erkennen und frühzeitig Maßnahmen zur Eindämmung der Übertragung zu ergreifen, indem sie diese nahezu in Echtzeit verfolgen. SPSP wird gemeinsam von der SIB und den Universitätsspitäler Basel, Lausanne und Genf sowie den Universitäten Bern und Zürich geleitet (siehe vollständige Liste der registrierten Gruppen). Es wird auf der sicheren IT-Infrastruktur der SIB gehostet und entspricht den Datensicherheitsstandards des Swiss Personalized Health Network (SPHN).

Warum Virusdaten offener zugänglich gemacht werden müssen

Die Weitergabe von Genomsequenzen des Virus in einer Weise, die ihre Wiederverwendung und Einbindung in größere Datensätze erleichtert, ist der Schlüssel zu einer repräsentativeren Erfassung neu auftretender Varianten und zur Vorhersage der Wirksamkeit von Impfstoffen sowie zur Grundlagenforschung über die Evolution des Virus, seine Übertragung usw. Eine Reihe von Plattformen ermöglicht das Hochladen von Genomsequenzdaten, aber wie die Daten (und die zugehörigen Metadaten) anschließend von Forschern wiederverwendet werden können, ist unterschiedlich. Das„European Nucleotide Archive (ENA) hat sich als Referenz für den offenen Austausch von Sequenzdaten positioniert. Als solche bietet ENA zusammen mit den assemblierten Sequenzen Zugang zu den Rohdaten, was deren Wiederverwendung noch einfacher macht. Die wissenschaftliche Gemeinschaft hat mehrere Aufrufe zur gemeinsamen Nutzung von COVID-19-Daten veröffentlicht, beispielsweise in einem offenen Brief, der vom Europäischen COVID-19-Datenportal initiiert und von SIB unterstützt wurde (den Brief unterzeichnen), oder in einem kürzlich erschien enen Meinungsbeitrag in Nature.

Von Viren bis zu antibiotikaresistenten Bakterien: ein hochauflösendes Überwachungsinstrument für Krankheitserreger

Bevor COVID-19 die Forschungsprioritäten durcheinanderwarf, bestand der ursprüngliche Zweck des SPSP darin, das Auftreten und die Ausbreitung von Krankheitserregern zu verfolgen, wobei der Schwerpunkt zunächst auf multiresistenten Bakterien lag. Durch die Zusammenführung von Forschungs-, klinischen und veterinärmedizinischen Labors wird das SPSP in Zukunft beispielsweise registrierten Gesundheitseinrichtungen ermöglichen, Ausbrüche anderer Krankheiten als COVID-19 mit hochauflösenden geografischen Daten bis hinunter auf die Ebene der Postleitzahlen besser zu verstehen und zu verfolgen.

Nachdem die Konsortialvereinbarung und die ethische Genehmigung nun validiert sind, können registrierte Labore im ganzen Land damit beginnen, SARS-CoV-2-Sequenzdaten und bald auch andere bakteriologische oder virologische Genomsequenzen sowie zugehörige klinische und epidemiologische Metadaten nach einem genehmigten rechtlichen Verfahren an die SPSP zu übermitteln.

«Dies ist ein wichtiger Durchbruch für die Schweiz, der es uns ermöglicht, die Erforschung und Überwachung von Krankheitserregern in einem bisher beispiellosen Umfang im ganzen Land durchzuführen», kommentiert Adrian Egli, Leiter der Abteilung Bakteriologie und Mykologie am Universitätsspital Basel und PI von SPSP.

1 Sind Sie eine Schweizer Gruppe/ein Schweizer Labor, die/das daran interessiert ist, SARS-CoV-2-Genomdaten an SPSP zu übermitteln?Weitere Informationen