Anamaria Necsulea – Preisträgerin des SIB Early Career Bioinformatician Award 2013

Anamaria erhielt die Auszeichnung für ihre Forschungsarbeit zum Thema „Die Evolution von Transkriptomen in Wirbeltiergeweben” (Brawand, Soumillon, Necsulea et al., 2011 und Necsulea et al., 2014), die sie im Rahmen ihrer Postdoc-Tätigkeit an der Universität Lausanne im Team des ehemaligen SIB-Gruppenleiters Henrik Kaessmann (jetzt am Zentrum für Molekularbiologie der Universität Heidelberg) durchgeführt hat.

Heute hat Anamaria eine unbefristete Forschungsstelle am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Lyon, Frankreich, wo sie ihre Forschung auf dem Gebiet der evolutionären Genomik fortsetzt.

Über die SIB Bioinformatics Awards und unsere Interviewreihe «Treffen Sie die früheren Preisträger der SIB Awards»

Die SIB Bioinformatics Awardswurden 2008 ins Leben gerufen, um junge Bioinformatiker in der Schweiz auszuzeichnen. Seitdem haben sie sich weiterentwickelt: von einer einzigen nationalen Auszeichnung zu drei verschiedenen Preisen, mit denen heute 1) internationale Nachwuchsbiinformatiker (SIB Early Career Bioinformatician Award), 2) herausragende Leistungen innerhalb der Schweizer Doktoranden-Community (SIB Best Swiss Bioinformatics Graduate Paper Award) und 3) innovative Bioinformatik-Ressourcen (SIB Bioinformatics Resource Innovation Award) ausgezeichnet werden. Im Laufe der Jahre wurden 21 Auszeichnungen vergeben, darunter neun Preisträger für ihre herausragende frühe Karriere, zehn Doktoranden für ihre exzellente Publikation und zwei Bioinformatik-Ressourcen für ihren innovativen Aspekt.
2019 werden die SIB Bioinformatics Awards zumzehnten Malverliehen. Dies ist eine gute Gelegenheit, um mit früheren Preisträgern in Kontakt zu treten und sie zu fragen, wo sie heute in ihrer Karriere stehen: Dieses Interview ist Teil einer Reihe, in der Sie ehemalige Preisträger der SIB Bioinformatics Awards kennenlernen können.

An welchem Punkt Ihrer Karriere standen Sie, als Sie den SIB Award erhalten haben? Wie haben Sie sich dabei gefühlt? Was war zu diesem Zeitpunkt der Schwerpunkt Ihrer Forschung?

Ich habe die Auszeichnung kurz nach Abschluss meines Postdoktorats bei Henrik Kaessmann erhalten. Es war ein unglaubliches Gefühl, diese Anerkennung von der SIB zu erhalten. Meine Forschung konzentrierte sich damals auf die Evolution von Transkriptomen bei Wirbeltieren. Ich hatte an den ersten gross angelegten vergleichenden Analysen von proteinkodierenden Genexpressionsmustern und langen nichtkodierenden RNA-Repertoires bei Amnioten teilgenommen (Brawand, Soumillon, Necsulea et al., 2011 und Necsulea et al., 2014). Beide Studien erforderten detaillierte Analysen riesiger Mengen von Transkriptom-Sequenzierungsdaten und waren daher aus Sicht der Bioinformatik sehr anspruchsvoll.

Was sind Ihre aktuellen Forschungsinteressen?

Ich interessiere mich (nach wie vor) sehr für evolutionäre Genomik. Derzeit konzentriere ich mich auf die Evolution von Gen-Expressions-Regulationslandschaften und deren Zusammenhang mit der Evolution von Phänotypen bei Wirbeltieren.

Was ist Ihrer Meinung nach die faszinierendste Entdeckung, die durch die Bioinformatik ermöglicht wurde?

Das ist eine schwierige Frage, auf die es viele mögliche Antworten gibt. Heutzutage werden die meisten Forschungsfragen in der Biologie durch die Generierung und Analyse riesiger Datenmengen mithilfe von Bioinformatik und Biostatistik beantwortet. Da ich aus dem Bereich der evolutionären Genomik komme, muss ich die frühe Entdeckung ultra-konservierter nicht-kodierender genomischer Elemente erwähnen, also DNA-Sequenzen, die trotz einer evolutionären Entwicklung über Hunderte von Millionen Jahren bei sehr unterschiedlichen Arten wie Mensch, Maus und Huhn fast identisch sind. Diese Elemente wurden durch evolutionäre Vergleiche von Genomsequenzen entdeckt, zunächst für einige wenige Gene (Duret et al., 1993), dann genomweit (Bejerano et al., 2004). Ihr außergewöhnlicher Grad an evolutionärer Konservierung ist faszinierend, da er darauf hindeutet, dass Mutationen, die diese Sequenzen stören, stark schädlich sind und durch selektive Auslese schnell eliminiert werden. Molekularbiologen versuchen noch immer, die Funktionen dieser ultra-konservierten Sequenzen aufzuklären, viele Jahre nachdem sie erstmals mit Hilfe der Bioinformatik identifiziert wurden.

Was machst du gerne in deiner Freizeit?

Ich habe als Postdoktorand in der Schweiz mit dem Radfahren begonnen und genieße es immer noch, in meiner Freizeit Ausflüge auf Bergstraßen zu unternehmen.

Haben Sie einen Rat für die nächste Generation von Bioinformatikern?

Meiner Meinung nach gibt es zwei wichtige Punkte, auf die sich Bioinformatiker heute konzentrieren müssen. Der erste ist die Reproduzierbarkeit: Bei der Veröffentlichung von Analysen jeglicher Art ist es von größter Bedeutung, genügend Informationen bereitzustellen, damit andere Forscher die Ergebnisse reproduzieren können. Leider ist dies bei vielen Veröffentlichungen noch nicht der Fall. Der zweite (aber nicht weniger wichtige) Punkt ist der Energiebedarf von Bioinformatik-Analysen. Die Datenmengen, die mit den aktuellen molekularbiologischen Methoden generiert werden, nehmen weiterhin exponentiell zu, und wir sollten nicht übersehen, dass die Analyse dieser Daten erhebliche Rechenressourcen und Rechenzeit und damit große Mengen an Energie erfordert. Unsere Forschung kann daher erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Um diese Auswirkungen zu begrenzen, sollten wir alle unser Bestes tun, um hocheffiziente Software für die biologische Datenanalyse zu schreiben. Daher zwei Ratschläge: Optimieren Sie Ihren Code und machen Sie ihn reproduzierbar!