Wie werden maschinelles Lernen und Deep Learning in der Bioinformatik eingesetzt? Müssen alle ML-Modelle zwangsläufig erklärbar sein? Wie kann das Vertrauen der Endnutzer von ML-basierten Anwendungen gefördert werden? In dieser virtuellen Podiumsdiskussion, der ersten einer Reihe (siehe Kasten), präsentieren geladene Referenten Anwendungsfälle und Perspektiven für ML aus den Bereichen Biokuration, digitale Pathologie, Biomarker-Entdeckung und Algorithmenentwicklung. Eine übergreifende Botschaft: Die Bedeutung einer guten Datenwissenschaft, die sich auf Fachwissen stützt, und der Interaktion zwischen menschlicher und maschineller Intelligenz.
„Trends in der Bioinformatik“
ist eine neue virtuelle Diskussionsreihe, die sich mit aktuellen Querschnittsthemen der Datenwissenschaft im Bereich Biodaten befasst. Die für SIB-Mitglieder live gestreamten Veranstaltungen umfassen etwa 30-minütige moderierte Diskussionen mit Gastrednern und werden auf dem YouTube-Kanal der SIB verfügbar sein.
Lernen Sie die Referenten kennen
Maschinelles Lernen (ML) wird seit Jahrzehnten von Schweizer Bioinformatikern eingesetzt, weiterentwickelt und ausgebaut. Einige von ihnen können Sie bei dieser Podiumsdiskussion mit folgenden Gastrednern kennenlernen (Profile siehe unten) Alan Bridge, Gruppenleiter, Swiss-Prot; Andrew Janowczyk, leitender Wissenschaftler in der Abteilung für Präzisionsonkologie (CHUV) und leitender Bioinformatiker, SIB; Carlos Andrés Peña, Gruppenleiter Computational Intelligence für Computational Biology (HEIG-VD) und Julia Vogt, Gruppenleiterin Medical Data Science (ETH Zürich). Die Diskussion wird moderiert von den Co-Vorsitzenden Aitana Lebrand, Teamleiterin Data Science, Clinical Bioinformatics, und Maïa Berman, Communications Manager.
Ein Überblick über die Anwendungsmöglichkeiten
Beispiele für die Anwendung von ML-Techniken finden sich in der Schweizer Bioinformatik und bei den SIB’s-Gruppen zuhauf. In dieser Podiumsdiskussion erfahren Sie mehr über einige aktuelle Projekte der Referenten: Diagnose der diabetischen Retinopathie in verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Identifizierung besonders aggressiver Krebsarten anhand gescannter Gewebeschnitte, Früherkennung von Neugeborenengelbsucht, Vorhersage der Affinität zwischen Bakteriophagen und Bakterien sowie Unterstützung der Literaturtriage für die Biokuration.
Von Herausforderungen zur Förderung des Vertrauens der Endnutzer
Die Diskussion wird Ihnen auch dabei helfen, einige der Besonderheiten von ML und die damit verbundenen Herausforderungen besser zu verstehen. Die Referenten werden ihre Sichtweisen zur Bedeutung der Kenntnis und Beschaffung der richtigen Daten sowie zur Rolle der Annotation und Strukturierung für die Gewinnung repräsentativer Datensätze in diesem Zusammenhang darlegen. Anschließend werden sie diskutieren, ob ein Modell je nach Verwendungskontext oder Anwendungsbereich erklärbar sein muss und wie dies erreicht werden kann.
Abschließend wird die Diskussion einen kurzen „Realitätscheck” beinhalten, den es zu berücksichtigen gilt, wenn ML-Modelle zu Anwendungen werden, die routinemäßig von Endnutzern – von Klinikern und Lebenswissenschaftlern bis hin zu Biokuratoren – eingesetzt werden, wobei „Vertrauen” das Schlüsselwort ist.
Die Botschaft zum Mitnehmen? Aitana Lebrand bringt es auf den Punkt: „Gute Datenwissenschaft ist das Herzstück der Bioinformatik: fundierte Kenntnisse in Skripting und Statistik, kombiniert mit Fachwissen von Experten, die über die erforderlichen Kompetenzen verfügen, um die Daten zu kuratieren und zu interpretieren. Das sind die wichtigsten Zutaten, um das Vertrauen unserer Endnutzer zu gewinnen, von Klinikern über Biowissenschaftler bis hin zu Chemikern.“
Profil der Referenten:
Alan Bridge ist Direktor der SIB Swiss-Prot Group, deren Team aus erfahrenen Biokuratoren und Softwareentwicklern gemeinsam mit internationalen Partnern weltweit renommierte Wissensressourcen wie UniProtKB/Swiss-Prot, Rhea, SwissLipids und ViralZone entwickelt. Alan war maßgeblich an den Bemühungen von Swiss-Prot beteiligt, die Erfassung und Verbreitung von Wissen in menschlich und maschinell lesbarer Form zu verbessern. Zu seinen aktuellen Interessengebieten gehört die Nutzung von Deep-Learning-Ansätzen zur Beschleunigung der Literaturtriage und Informationsextraktion, um den Nutzern zeitnah die genauesten und informativsten Erkenntnisse zu liefern.
>> Mehr über Alans Arbeit auf seiner Gruppenseite

Andrew Janowczyk ist Assistenzprofessor am Center of Computational Imaging and Personalized Diagnostics (CCIPD) der Case Western Reserve University (USA), leitender Wissenschaftler in der Abteilung für Präzisionsonkologie am CHUV und leitender Bioinformatiker am SIB. Seit über 10 Jahren wendet er Algorithmen der Bildverarbeitung auf digitale Pathologiebilder an. Er ist spezialisiert auf die Nutzung von Deep Learning zur Erstellung von Computermodellen, die Pathologen bei häufigen Aufgaben wie der Erkennung und Einstufung von Krankheiten unterstützen. Seine neuesten Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf die Vorhersage von Prognosen und Therapieansprechen. Sein Tool HistoQC wurde auf dem European Congress of Digital Pathology (ECDP) 2018 mit dem Innovation Award ausgezeichnet. Im selben Jahr war er Mitbegründer und wurde zum Sekretär des Swiss Digital Pathology Consortium (SDiPath) gewählt.
>> Mehr über Andrews Arbeit erfahren Sie in seinem forschungsorientierten Blog

Carlos-Andrés Peña ist ordentlicher Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Westschweiz (HEIG-VD) in Waadt, wo er die Gruppe „Computational Intelligence for Computational Biology” (CI4CB) und den Bereich Biomedizinische Anwendungen in der Abteilung ICT leitet. Außerdem ist er Gruppenleiter bei SIB. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und Anwendung von Methoden der Computational Intelligence in den Lebenswissenschaften und der biomedizinischen Forschung. Sein besonderes Interesse gilt der Erklärbarkeit und Interpretierbarkeit von KI-basierten Systemen, die Vorhersagekraft und Erklärungskraft vereinen.
>> Mehr über Carlos' Arbeit auf den Seiten seiner Gruppe hier und hier

Julia Vogt ist Assistenzprofessorin am Departement Informatik der ETH Zürich und Gruppenleiterin bei SIB. Der Forschungsschwerpunkt ihrer Gruppe liegt an der Schnittstelle zwischen maschinellem Lernen und Medizin. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Weiterentwicklung und Entwicklung neuartiger maschineller Lernverfahren für die Präzisionsmedizin und die Analyse klinischer Daten. Das Tätigkeitsfeld umfasst viele Bereiche wie die Vorhersage des Ansprechens auf Behandlungen oder die Früherkennung in der personalisierten Medizin, die multimodale Datenintegration und die Strukturerkennung. In enger Zusammenarbeit mit Ärzten identifiziert die Gruppe Lücken, in denen aktuelle Technologien versagen, und entwickelt maßgeschneiderte Lösungen.
>> Mehr über Julias Arbeit auf den Seiten ihrer Gruppe hier und hier
