Christophe Dessimoz – Preisträger des SIB Early Career Bioinformatician Award 2012
Christophe Dessimoz erhielt den SIB Early Career Bioinformatician Award für sein Projekt mit dem Titel„Resolving the ortholog conjecture: orthologs tend to be weakly, but significantly, more similar in function than paralogs”(Aufklärung der Ortholog-Vermutung: Orthologe weisen tendenziell eine geringere, aber signifikant stärkere Funktionsähnlichkeit auf als Paraloge). Dieses Projekt war Teil von Christophe Dessimoz' Postdoktorarbeit im Team von SIB-Gruppenleiter Gaston Gonnet an der ETH Zürich und wurde in enger Zusammenarbeit mit SIB-Gruppenleiter Marc Robinson-Rechavi an der Universität Lausanne durchgeführt.
Heute ist Christophe Inhaber einer SNSF-Professur an der Universität Lausanne und hat seine eigene Forschungsgruppe – das Labor für Computational Evolutionary Biology and Genomics – gegründet, um die evolutionären und funktionellen Beziehungen zwischen Genen verschiedener Spezies zu untersuchen. Seine Gruppe entwickelt außerdem OMA, die Orthology-Datenbank und SIB-Ressource. Weitere Informationen zu den Forschungsinteressen von Christophe finden Sie auf der Webseite der Gruppe, im begeisternden Laborvideo und auf Twitter unter @cdessimoz.
Über die SIB Bioinformatics Awards und unsere Interviewreihe «Treffen Sie die früheren Preisträger der SIB Awards»
Die SIB Bioinformatics Awardswurden 2008 ins Leben gerufen, um junge Bioinformatiker in der Schweiz auszuzeichnen. Seitdem haben sie sich weiterentwickelt: von einer einzigen nationalen Auszeichnung zu drei verschiedenen Preisen, mit denen heute 1) internationale Nachwuchsbiinformatiker (SIB Early Career Bioinformatician Award), 2) herausragende Leistungen innerhalb der Schweizer Doktoranden-Community (SIB Best Swiss Bioinformatics Graduate Paper Award) und 3) innovative Bioinformatik-Ressourcen (SIB Bioinformatics Resource Innovation Award) ausgezeichnet werden. Im Laufe der Jahre wurden 21 Auszeichnungen vergeben, darunter neun Preisträger für ihre herausragende frühe Karriere, zehn Doktoranden für ihre exzellente Publikation und zwei Bioinformatik-Ressourcen für ihren innovativen Aspekt.
2019 werden die SIB Bioinformatics Awards zumzehnten Malverliehen. Dies ist eine gute Gelegenheit, um mit früheren Preisträgern in Kontakt zu treten und sie zu fragen, wo sie heute in ihrer Karriere stehen: Dieses Interview ist Teil einer Reihe, in der Sie ehemalige Preisträger der SIB Bioinformatics Awards kennenlernen können.
An welchem Punkt Ihrer Karriere standen Sie, als Sie den SIB Award erhalten haben? Wie haben Sie sich dabei gefühlt? Was war zu diesem Zeitpunkt der Schwerpunkt Ihrer Forschung?
Als ich von der Auszeichnung erfuhr, war ich gerade von der ETH Zürich zum EMBL-European Bioinformatics Institute gewechselt, um dort meinen zweiten Postdoc zu absolvieren. Ich erinnere mich, dass es eine intensive Zeit war. Ich war frischgebackene Mutter, in einem neuen Land, versuchte mehrere Arbeiten abzuschließen, die ich bereits während meiner Zeit in Zürich begonnen hatte, und entdeckte gleichzeitig eine völlig neue wissenschaftliche Welt. Das EBI ist ein unglaublicher Ort für Bioinformatiker: Der gesamte wunderschöne Campus ist der Bioinformatik gewidmet, es gibt viele Interaktionen, Seminare, Kurse und Besucher. Es ist ein bisschen so, als wäre man jeden Tag bei den SIB Days! Aber unter so vielen gleichgesinnten Vorbildern und Kollegen ist es auch viel schwieriger, sich abzuheben und etwas zu bewegen. Der SIB Award hat mir Selbstvertrauen gegeben.
Damals untersuchten wir die sogenannte „Ortholog-Vermutung” – die verbreitete Annahme, dass Orthologe (Gene, die sich durch Speziation auseinanderentwickelt haben) funktional näher beieinander liegen als Paraloge (Gene, die sich durch Duplikation auseinanderentwickelt haben). Unsere Studie bestätigte diese Theorie, aber erst, nachdem wir bisher unbekannte Verzerrungen in den Annotationen der Genfunktionen aufgedeckt und modelliert hatten.
Was sind Ihre aktuellen Forschungsinteressen?
Unser Labor versucht, evolutionäre und funktionelle Beziehungen zwischen Genen verschiedener Arten aufzuklären. Wir entwickeln bioinformatische Methoden und Ressourcen und wenden diese in Zusammenarbeit mit Experimentatoren an. Dies gibt uns die Möglichkeit, an sehr unterschiedlichen Themen aus dem gesamten Stammbaum des Lebens zu arbeiten. In den letzten Jahren hatten wir Projekte zur Pflanzenbiotechnologie, zur Erkennung von Bakterienausbrüchen, zur Phylogenie von Plattwürmern, zur Entstehung der Echoortung bei Fledermäusen, zur Membranfusion in Archaea oder zum Frettchen als Modell für Atemwegserkrankungen!
Was ist Ihrer Meinung nach die faszinierendste Entdeckung, die durch die Bioinformatik ermöglicht wurde?
Es ist heutzutage schwer, sich eine biologische Entdeckung vorzustellen, die nicht mit Bioinformatik zu tun hat! Aber wenn ich nur eine nennen müsste, wäre es wohl die Rekonstruktion und Annotation des menschlichen Genoms, bei der die Bioinformatik eine entscheidende Rolle gespielt hat.
Haben Sie einen Rat für die nächste Generation von Bioinformatikern?
Es gibt noch so viel zu tun. Die besten Tage der Bioinformatik liegen noch vor uns!