Heutzutage werden in der Schweiz die meisten Krebstumoren sequenziert, um ihr molekulares Profil zu charakterisieren und die am besten geeignete Behandlung zu bestimmen. Aber nicht alle in Tumoren gefundenen genetischen Mutationen haben die gleiche klinische Relevanz. Die Swiss Variant Interpretation Platform for Oncology (SVIP-O) wurde von der SIB, der ETH Zürich und der HES-SO ins Leben gerufen, um Klinikern eine harmonisierte Interpretation von Krebsvarianten zu bieten. SVIP-O, das nun in seiner ersten öffentlichen Version verfügbar ist, wird vom Projekt BioMedIT und dem Swiss Personalized Health Network (SPHN) finanziert. Es ist eines der ersten Infrastrukturentwicklungsprojekte des SPHN, das bereits in Betrieb ist.
Proof of Concept für den sicheren Austausch von Gesundheitsdaten in der Schweiz
Die Schweizer Plattform zur Interpretation von Varianten in der Onkologie (SVIP-O) soll eine zentrale, sichere Ressource bereitstellen, mit der Kliniker und Forscher klinisch verifizierte Krebsvarianten interpretieren und diejenigen identifizieren können, die wirklich von Bedeutung sind. Das Projekt wird von SPHN und BioMedIT als „Infrastrukturentwicklungsprojekt” finanziert, und das aus gutem Grund: „SVIP-O stellte eine grosse Herausforderung für die Sicherheit dar, da klinische Patientendaten in Verbindung mit den Varianten selbst nur auf einer hochsicheren Infrastruktur gehostet werden können”, erklärt Valérie Barbié, Leiterin der Gruppe Clinical Bioinformatics bei SIB und Co-Projektleiterin. «Das Projekt hat somit dazu beigetragen, mit der BioMedIT-Infrastruktur die Grundlagen für den Schutz sensibler Gesundheitsdaten in der Schweiz zu legen.»
„SVIP-O ist kein Forschungsprojekt im klassischen Sinne, sondern vielmehr ein landesweites Qualitätsverbesserungsvorhaben, bei dem Kliniker gemeinsam Variantenannotationen validieren und diese in der Routinediagnostik verwenden. Darüber hinaus werden diese klinisch validierten Daten Forschern überall auf strukturierte und effiziente Weise zur Verfügung gestellt“, sagt Daniel Stekhoven, Direktor von NEXUS Personalized Health Technologies, ETH Zürich, und Co-Projektleiter.
Von individuellen NGS-Daten zu harmonisierten Interpretationen
Krebs ist durch mehrere Mutationen in der DNA des Tumors gekennzeichnet. Einige haben nur geringe Auswirkungen – sie ebnen lediglich den Weg für die nächste Mutation –, aber manchmal kann schon eine einzige Aminosäureveränderung die dreidimensionale Struktur eines Proteins verändern. Dadurch kann dessen Funktion, beispielsweise die Steuerung der Zellteilung, verändert werden, sodass sich Krebszellen unkontrolliert vermehren.
Wie funktioniert SVIP-O in der Praxis? Derzeit ist der Dienst in einer öffentlichen Version 1.0 verfügbar. Er bietet eine Zusammenfassung öffentlicher Annotationen aus etablierten Quellen und einige von SVIP kuratierte Annotationen.
Letztendlich werden Varianten, die durch Next-Generation-Sequencing in Tumoren von Patienten – beispielsweise Melanomen oder Brustkrebs – identifiziert wurden, von Klinikern zusammen mit klinischen Daten wie Alter oder Geschlecht in SVIP-O eingegeben, wodurch die Wissensbasis ständig erweitert wird. Gleichzeitig erhalten Kliniker sofortige Berichte über klinisch validierte Variantenannotationen für alle identifizierten Varianten ihrer Patienten.
„Bei Abweichungen von Variantenannotationen aus anderen Quellen oder wenn völlig unklar ist, was eine ungewöhnliche Variante bedeuten könnte, liefert die Kuratierung von Fachliteratur mit Unterstützung von Text-Mining-Tools eine evidenzbasierte vorläufige Annotation und schlägt eine wahrscheinliche klinische Interpretation vor“, erklärt Patrick Ruch, Leiter der Text-Mining-Gruppe und Co-Projektleiter von SVIP-O. „Schließlich überprüft ein klinisches Gremium aus Experten der Partnerkliniken das Ergebnis, um eine harmonisierte, schweizerische Interpretation zu liefern.“ Die fachliche Kuratierung basiert auf der führenden biomedizinischen Literaturkompetenz der Swiss-Prot-Biokuratoren der SIB, was einen zusätzlichen Vertrauensfaktor für die klinischen Partner von SVIP-O darstellt. Krebs ist durch mehrere Mutationen in der DNA des Tumors gekennzeichnet. Einige haben nur geringe Auswirkungen und ebnen lediglich den Weg für die nächste Mutation, aber manchmal kann schon eine einzige Aminosäureveränderung die dreidimensionale Struktur eines Proteins verändern. Dies kann wiederum dessen Funktion, beispielsweise die Steuerung der Zellteilung, beeinträchtigen und dazu führen, dass sich Krebszellen unkontrolliert vermehren.
Bereit zum Empfang klinischer Daten
In seiner Version 1.0 enthält SVIP-O bereits über 340.000 Varianten aus über 700 Genen, die aus bestehenden internationalen Ressourcen wie CIViC, OncoKB, ClinVar und COSMIC zusammengetragen wurden. Mehr als 270 von SVIP kuratierte Nachweise wurden erstellt – und es werden ständig mehr.
Zusätzlich zur öffentlichen Schnittstelle, die unter svip.ch verfügbar ist, wird die Kurationsschnittstelle bereits voll genutzt, der sichere Transaktionsbereich für sensible Gesundheitsdaten wurde eingerichtet und eine reaktionsschnelle Überprüfungsschnittstelle für die klinischen Partner, die SVIP-Annotationen validieren, wird in Kürze verfügbar sein. Fazit: SVIP-O ist bereit für klinische Inhalte.
Über die Onkologie hinaus und über die Schweiz hinaus
In absehbarer Zukunft beabsichtigt das SVIP-O-Projekt, nicht nur mit den VICC- und BRCA Exchange-Treiberprojekten der Global Alliance for Genomics and Health (GA4GH) zusammenzuarbeiten, sondern auch mit den ELIXIR-Gruppen, die die nächste Generation der Beacon API entwickeln, die einen nahtlosen Austausch von Annotationen weltweit ermöglicht und uns damit eine Chance im Kampf gegen Krebs und andere seltene Krankheiten gibt.
Das SVIP-O-Projekt wird gemeinsam von drei Gruppenleitern des SIB geleitet: Valérie Barbié, Daniel Stekhoven und Patrick Ruch, die jeweilsdie Clinical Bioinformatics Group am SIB, NEXUS Personalized Health Technologies an der ETH Zürich und die Text Mining Group der HES-SOleiten .
SVIP-O stützt sich auf ein nationales Netzwerk medizinischer Einrichtungen, die sich einem gemeinsamen Ziel verschrieben haben: Schweizerische Gesellschaft für Molekulare Pathologie; Schweizerische Gesellschaft für Pathologie; Personalized Health Basel; Kantonsspital Baselland; Universitätsspital Bern; Abteilung für Biomedizinische Forschung und Institut für Gewebemedizin und Pathologie, Universität Bern; Universitätsspital Genf; Universitätsspital Lausanne; Institut für Pathologie Locarno; Kantonsspital St. Gallen; Universitätsspital Zürich