Zwei weitere von SIB-Gruppen entwickelte Ressourcen wurden im Rahmen des jüngsten Auswahlverfahrens von ELIXIR auf europäischer Ebene als von entscheidender Bedeutung für die Lebenswissenschaften eingestuft: Cellosaurus – eine Enzyklopädie für Zelllinien –, entwickelt von Amos Bairoch an der Universität Genf im Rahmen der CALIPHO-Gruppe, und Rhea – eine Wissensdatenbank für biochemische Reaktionen –, entwickelt von der Swiss-Prot-Gruppe unter der Leitung von Alan Bridge. «Nach UniProtKB/Swiss-Prot und STRING sind Cellosaurus und Rhea die dritte und vierte Ressource aus der Schweiz, die in das Portfolio der ELIXIR Core Data Resources aufgenommen wurden: Das sind hervorragende Neuigkeiten und ein wichtiger Schritt, um ihre Nachhaltigkeit und den langfristigen Zugang zu hochwertigen biologischen Daten für Nutzer aus aller Welt sicherzustellen», erklärt Christine Durinx, Geschäftsführerin der SIB.

Was sind ELIXIR Core Data Resources?

ELIXIR Core Data Resources sind eine Reihe europäischer Datenressourcen, die für die gesamte Life-Science-Community und die langfristige Aufbewahrung biologischer Daten von grundlegender Bedeutung sind. Die Identifizierung der ELIXIR Core Data Resources umfasst eine sorgfältige Bewertung der vielfältigen Facetten der Datenressourcen. Die Details der Auswahlkriterien sind im F1000R ELIXIR-Track-Artikel„Identifying ELIXIR Core Data Resourcesbeschrieben

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Wir haben den Gruppenleiter Amos Bairoch von Cellosaurus und Mitglieder des Rhea-Teams bei Swiss-Prot (Kristian Axelsen, Senior Biocurator; Alan Bridge, Gruppenleiter, und Anne Morgat, Ressourcenmanagerin) gebeten, die Auswirkungen dieser Ankündigung zu erläutern und uns mehr über ihre Ressource zu erzählen.

Könnten Sie die Ressource kurz beschreiben?

Cellosaurus / Amos: Cellosaurus ist eine Datenbank mit Zelllinien, d. h. Kulturen menschlicher und tierischer Zellen, die über längere Zeiträume in vitro gezüchtet werden können und in der lebenswissenschaftlichen Forschung verwendet werden. Sie enthält eine Fülle von Informationen zu über 125.000 Zelllinien, die seit den 1950er Jahren angelegt wurden.

Rhea / Kristian: Rhea ist eine Wissensdatenbank biochemischer Reaktionen, die anhand chemischer Spezies aus dem ChEBI-Wörterbuch (Chemical Entities of Biological Interest) kleiner Moleküle beschrieben werden. Rhea ist das Referenzvokabular für die Annotation von Enzymen und Transportproteinen in UniProt.

Für welche Art von Forschung oder zur Beantwortung welcher Art von Forschungsfragen ist die Ressource von Bedeutung?

Cellosaurus / Amos: Fast jeder, der In-vitro-Forschung betreibt, nutzt Zelllinien: Sie sind beispielsweise für die Untersuchung der Impfstoffproduktion, des Arzneimittelstoffwechsels, der Genfunktion oder sogar der künstlichen Hautherstellung unverzichtbar. Je nach Forschungsfrage müssen Wissenschaftler wissen, welche Zelllinien sie verwenden sollen und wo sie diese finden können: Diese Informationen finden sie in Cellosaurus.

Rhea / Alan: Rhea bietet eine wichtige Unterstützung für computergestützte Ansätze zur Untersuchung und Entwicklung von Enzymen und den Stoffwechselsystemen, in denen sie funktionieren. Diese Ansätze haben das Potenzial, unser Verständnis des Stoffwechsels zu revolutionieren und neue Wege für die Herstellung von Biokraftstoffen, Medikamenten und anderen gewünschten Chemikalien zu eröffnen.

Können Sie ein besonders spannendes Beispiel für die Anwendung dieser Ressource oder eine aktuelle Studie nennen, die damit durchgeführt wurde?

Cellosaurus / Amos: Bis zu 30 % aller Forschungsarbeiten an Krebszelllinien sind schätzungsweise von Fehlidentifikationen oder Kontaminationen der Zelllinien betroffen. Um dieses grundlegende Problem zu beheben, ist das CLASTR-Tool eine sehr wichtige Anwendung von Cellosaurus, mit dem die Ähnlichkeit des STR-Profils von Benutzerzelllinien mit den in der Ressource gespeicherten Profilen gesucht werden kann.

Rhea / Anne: In einer aktuellen Studie wurden Rhea und UniProt zur Identifizierung potenzieller Metaboliten als frühe Biomarker für neurologische Entwicklungsstörungen und als therapeutische Ansatzpunkte für Schizophrenie eingesetzt.

Wie ist es dazu gekommen? Was ist das Besondere am SIB-Ökosystem, das seine Entstehung und seinen Erfolg ermöglicht hat?

Cellosaurus / Amos: Cellosaurus entstand als Thesaurus für Zelllinien im Rahmen von neXtProt, einer SIB-Ressource. Wir wollten dokumentieren, welche Zelllinien in Experimenten verwendet wurden, aus denen die in neXtProt erfassten Datensätze hervorgegangen sind. Aus dieser kleinen Initiative entwickelte sich eine vollwertige Wissensressource, die seit Mai 2015 als eigenständige Ressource auf Expasy, dem Bioinformatik-Ressourcenportal der SIB, verfügbar ist. Ein großes Dankeschön an das Expasy-Team und insbesondere an Elisabeth Gasteiger (User Experience & Support Manager, Swiss-Prot Group) für die Bereitstellung von Cellosaurus im Internet und ihren Beitrag zu diesem Erfolg!

Rhea / Alan: Die SIB bietet ein hervorragendes Umfeld für die Entwicklung von Wissensressourcen und arbeitet daran, neue und ausgereifte Wissensressourcen zu identifizieren und zu unterstützen, ähnlich wie ELIXIR auf europäischer Ebene. Die Unterstützung der SIB war für die Entwicklung von Rhea, die eng mit UniProt und anderen SIB-Ressourcen wie ENZYME und SwissLipids koordiniert ist, von entscheidender Bedeutung. Anne: Von entscheidender Bedeutung ist auch die Zusammenarbeit mit unseren internationalen Partnern – insbesondere dem ChEBI-Team am EMBL-EBI sowie dem Gene Ontology Consortium und Reactome, mit denen wir eng zusammenarbeiten, um die Abdeckung und Interoperabilität unserer jeweiligen Wissensressourcen zu verbessern, und mit Teams aus anderen ELIXIR-Knotenpunkten wie ELIXIR-CZ, mit denen wir bei der Implementierung fortschrittlicher chemischer Struktursuchen in Rhea eng zusammenarbeiten.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach der CDR-Status auf die Entwicklung auswirken?

Cellosaurus / Amos: Es wird dazu beitragen, Cellosaurus besser zu finanzieren, und uns ermöglichen, das Abfragesystem der Ressource und ihre Interoperabilität mit anderen Ressourcen weiterzuentwickeln, beispielsweise durch ein semantisches Modell, eine API sowie eine SPARQL-basierte Suchmaschine. Diese Entwicklungen werden den Nutzern der Ressource aus der Bioinformatik sowohl in der Wissenschaft als auch in der Industrie sehr zugute kommen.

Rhea / Alan: Core Data Resources sind als grundlegend wichtig für die langfristige Aufbewahrung biologischer Daten anerkannt. Der CDR-Status wird das Profil von Rhea sowohl innerhalb der wissenschaftlichen (Nutzer-)Gemeinschaft enorm stärken und hoffentlich letztendlich zu einer stabileren Finanzierung beitragen.

Weitere Informationen zu den kürzlich ausgewählten Ressourcen, dem Auswahlverfahren und der Bedeutung der Core Data Resources finden Sie auf der Website von ELIXIR.

Verpassen Sie nicht den kommenden Streamed Course „A guided tour through Cellosaurus” im Februar und melden Sie sich hier an. Und machen Sie sich bereit für den Streamed Course „Mining enzyme data in UniProtKB using Rhea” im Oktober hier.

Siehe Cellosaurus auf Expasy

Siehe Rhea auf Expasy